In der Breakout-Gruppe 5 „Ausbildung, Training, Software Carpentry: Situation, Fallbeispiele und Initiativen” des DHd 2018 Workshop „Research Software Engineering und Digital Humanities. Reflexion, Kartierung, Organisation.” wurde über die Perspektive der IT-Aus- bzw. Weiterbildung von Geisteswissenschaftler/innen (bzw. Softwareentwickler/innen in DH-Projekten), sowie mögliche dabei aufkommende Probleme diskutiert. Der immer nötiger werdende Einsatz digitaler Technologien in geisteswissenschaftlicher Forschung macht eine Qualifikation der grundständig Forschenden bezüglich dieser Technologien nötig. Folglich wäre es empfehlenswert, diesen – vor allem in der (Weiter-)Entwicklung von Forschungssoftware – spürbaren Kompetenzmangel entgegenzuwirken. Ebenfalls wünschenswert sind die Entwicklung hin zu einem mündigen Umgangs mit schon vorhandener Forschungssoftware.

So wurde in der Diskussion von Breakout-Gruppe 5 eine Art Digital Gap identifiziert: Viele Geisteswissenschaftler/innen haben keine Ausbildung in der Informatik, allerdings einen Bedarf an Kenntnissen aus diesem Bereich für ihre Forschungstätigkeit. Sind Kenntnisse vorhanden, beispielsweise in einzelnen Technologien, fehlt es hier oft an Professionalität.

Treten Fachkräfte mit einer rein informatischen Ausbildung in die technische Entwicklung eines geisteswissenschaftlichen Projektes ein, so kommt es hier oftmals zu Verständnisschwierigkeiten zwischen den beiden Fachrichtungen. Die Ursache hierfür sehen wir einerseits in den mangelnden Kenntnissen der Fachkultur und fachspezifischen "Denkweise" der jeweils anderen Domäne und, daraus abgeleitet, in Schwierigkeiten in der projektinternen Kommunikation.

Basierend auf obigen Überlegungen entwickelten wir folgende Diskussionsfragen:

  1. Wie kommt es zur Digital Gap?

  2. Wie kann diese überwunden werden?

  3. Welche Stellen können einen Beitrag zur Schließung der Digital Gap leisten?

Wie kommt es dazu, dass viele Geisteswissenschaftler/innen für die sich rasch entwickelnde digitale Welt unvorbereitet sind? Die Vorstellung, dass Informatik und Geisteswissenschaften zwei gegensätzliche Fächer sind, beginnt bereits in der Schule und setzt sich auch im Studium fort. Die eventuell erworbenen schulischen IT-Kenntnisse finden kaum/keine Anwendung in der wissenschaftlichen Praxis und Möglichkeiten zur Erweiterung dieses Wissen sind selten gegeben. Es gilt also, in der Lehre Anreize und Angebote zu schaffen, die eine Beschäftigung mit digitalen Methoden (auf Seiten der Geisteswissenschaftler/innen) und mit geisteswissenschaftlichen Fragestellungen (auf Seiten der Informatiker/innen) fördern. Dazu ist es nötig, auf Seiten der Lehrenden entsprechende Kompetenzen sowie fachbereichsübergreifende Kooperationen zu fördern.

Der Bedarf am Einsatz digitaler Technologien für die geisteswissenschaftliche Forschung wird von grundständigen Geisteswissenschaftler/innen – mangels eines Kontaktes mit solchen bereits im Studium – erst nach diesem identifiziert. Bereits bestehende Weiterbildungsangebote in der DH-Community sind dann oftmals nicht bekannt und in einem rein geisteswissenschaftlichen Kontext fehlt es gegebenenfalls an entsprechenden Ansprechpartner/innen.

Folglich ist es nötig, dass sich Tätige im Bereich der Digital Humanities (im Fach selbst verortet oder in einem der klassischen Geisteswissenschaften und informatischen Fächern), fachbereichsübergreifend innerhalb eines Instituts (wir denken hier vor allen an universitäre Einrichtungen) vernetzen. So können beispielsweise gemeinsame Lehr- und Weiterbildungsangebote initiiert werden. Bereits bestehende Modelle dieser Art haben sich bereits bewährt (bspw. mainzed, Cologne Center for eHumanities). Durch die Fach- sowie institutsübergreifende Vernetzung der DH-Fachleute stehen diese nun nicht mehr "alleine" sondern bilden eine gemeinsame Kompetenzkraft, die die Möglichkeiten digitaler Methoden für die geisteswissenschaftliche Forschung – und der geisteswissenschaftlichen Forschungsinteressen für die Informatik – auf Ebene der Forschenden und Studierenden sichtbarer macht.

Eine Evaluation der einzelnen Fächer bezüglich des Einsatzes und der Vermittlung von Technologien wäre außerdem wünschenswert: Welche Technologien oder Programme sind für die jeweiligen Ansprüche und Forschungsinteressen der Spezialisierung sinnvoll und bieten eine geringe Einstiegshürde (natürlich sind dies nur Beispiele für Evaluationskriterien)? Hier sollte die Auswertung von gemessenen Erfahrungswerten zu einer Best Practice für die Lehre führen. Auch wenn hieraus nicht für den Einzelfall entschieden werden kann, sind sich weiterentwickelnde Leitfäden sowohl für Lehrende als auch für Lernende hilfreiche Anhaltspunkte.

Neben den existierenden Lehrangeboten – die durch oben genannte Faktoren in der Studierendenschaft und auf Ebene der Wissenschaftler/innen präsenter gemacht werden sollen – wäre es nötig, auf Basis der erhobenen Best Practice, gezielt auf diese ausgerichtete didaktische Angebote (so zum Beispiel Workshops, Webinare, Trainingsvideos) für Lehrende und Lernende zu schaffen. Dies könnte, solange die Finanzierung hierfür gesichert wäre, seitens der bereits bestehenden DH-Infrastrukturen geschehen. Denkbar wäre es auch, dies auf lokaler Ebene auf die Bedürfnisse einzelner Institutionsverbände abgestimmt aufzubauen (doch auch hier gilt die Frage der Finanzierung, die hier nicht geklärt werden kann). Eine individuelle Insellösung für die spezifischen, wenn vielleicht auch eher gering voneinander abweichenden, Bedürfnisse einzelner lokaler Verbände kann allerdings auch kritisch gesehen werden. So lässt sich gegenüber eventuellen Geldgebern nicht einfach rechtfertigen, weshalb nicht auf “große” Infrastrukturen zurückgegriffen wird. Hier könnte auch einem weiteren Problem entgegengewirkt werden, das die Diskutierenden der Gruppe sahen, nämlich die mangelnde Bekanntheit bestehender Lehrangebote: Durch die Einbindung “lokal” entwickelter Lehrangebote der einzelnen Fachbereiche nicht in ein universitär-internes Netz, sondern in die Infrastruktur beispielsweise von DARIAH-DE würden die schon bereitgestellten Angebote an den jeweiligen Forschungseinrichtungen auf Ebene der Institutsangehörigen (Studierende, Lehrende, Forschende) ebenfalls sichtbar.

Bei der Frage bezüglich der Verantwortlichkeit und Finanzierung der Umsetzung unserer Überlegungen kamen wir zu folgenden Schlüssen: Die Evaluation der eingesetzten und entwickelten digitalen Methoden/Tools sollte Teil der Projektarbeit selbst sein. Dies müsse dann auch in der Planung und Konzeption, insbesondere bei eventuellen Antragstellungen, berücksichtigt werden. Bibliotheken und Fachgesellschaften, auch Zentren für Qualitätssicherung in der Lehre, können im Bereich der Evaluation und Organisation von Weiterbildungsangeboten tragende Rollen übernehmen. Vielleicht ja auch die DHd-RSE im Bereich der Softwareentwicklung.